Assja Turgenieff-Bugajeff

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Assja Turgenieff

Assja Turgenieff-Bugajeff (* 12. Mai 1890, Moskau; † 16. Oktober 1966, Arlesheim), eine Großnichte des russischen Schriftstellers Iwan Turgenieff, war Grafikerin, Glasschleiferin und Eurythmistin. Sie wurde von Rudolf Steiner mit dem Schleifen der Glasfenster des ersten Goetheanums betraut.

Leben

Assja Turgenieff wurde am 12. Mai 1890 auf einem Gut nahe Moskau geboren und verlebte dort eine gut behütete Kindheit. Schon früh erwachte ihr Wissendrang und ließ sie nach Antworten auf die tieferen Fragen des Lebens suchen. Ebenso tiefe Zweifel weckte aber auch die letztlich erfolglos gebliebene Russische Revolution von 1905, die, ausgelöst durch den so genannten Petersburger Blutsonntag, bei dem mehr als 1000 unbewaffnete Arbeiter von der zaristischen Armee grundlos niedergemetzelt wurden, weite Teile des Landes ergriffen hatte. Assja Turgenieff erlebte selbst die blutigen Straßenkämpfe in Moskau mit, wo sie nun auch antireligiöse Versammlungen besuchte. Nachdem die Lage so unübersichtlich geworden war, dass Assja und ihre Schwester nicht mehr gefahrlos auf dem elterlichen Gut bleiben konnten, wurden beide nach Paris geschickt.

Die 7 Planetensäulen nach einer Zeichnung von Assja Turgenieff in der von ihr mit Rudolf Steiner entwickelten Schrägschraffurtechnik.

In Paris wurde schon bald Assjas Interesse für die Kunst geweckt. Vor allem die Kunstsammlung des Louvre beeindruckte sie tief und schon bald studierte sie in Paris die Kunst des Zeichnens der Radierung. Hier in Paris lernte Assja Turgenieff auch den unter dem Pseudonym Andrej Belyj schreibenden symbolistischen russischen Dichter Boris Nikolajewitsch Bugajew (1880-1934) kennen, den sie 1914 heiratet. Danach unternahm das Paar ausgedehnte Reisen nach Sizilien, Griechenland, Palästina und Ägypten, wo sie gemeinsam die alten Kulturen im Spiegel iherer Kunstwerke studieren wollten. Im Frühjahr 1912 gingen beide nach Brüssel, wo Assja bei dem bedeutenden Grafiker und Graveurmeister Michel Danse Unterricht nahm. Andrej Belyj arbeitete indessen seit Herbst 1911 an seinem für den Symbolismus wegweisenden Roman "Petersburg".

Ihre geistige Suche und mehrere Erfahrungen in okkulten Zusammenhängen warfen für Assja und Andrej Belyj viele grundlegende Fragen auf, bis sie schließlich beschlossen, Rat bei Rudolf Steiner zu suchen. Die erste Begegnung mit ihm fand am 7. Mai 1912 in Köln statt. Belyj fand in der Anthroposophie die wahre Grundlage seines künstlerischen Schaffens und wurde persönlicher esoterischer Schüler Steiners und schon bald folgte das Ehepaar Rudolf Steiner auf seinen zahlreichen Vortragsreisen.

Das violette Südfenster des ersten Goetheanums, das die Einweihung in die kosmische Ätherwelt zeigt.
Assja Turgenieff bei der Arbeit am violetten Südfenster des ersten Goetheanums.

Im Frühjahr 1914 übersiedelten Assja Turgenieff und Andrej Belyj nach Dornach, um dort am Bau des Goetheanums mitzuwirken. Assja wurde damit beauftragt, unter der Anleitung des polnischen Anthroposophen und Kunstmalers Thaddäus Rychter die Glasfenster des Ersten Goetheanums zu schleifen, zeichnete aber auch an den Bauplänen mit und half beim Schnitzen der Architrave. Später schnitzte sie auch unter der Anleitung von Edith Maryon an der großen Holzstatue des Menschheitsrepräsentanten und machte ihre Eurythmieausbildung. Unter der Leitung von Marie Steiner nahm sie von 1915 - 1935 an vielen Aufführungen teil und ging mit dem Ensemble auf Tournee.

1916 wird Andrej zum Kriegsdienst einberufen und kehrt nach Moskau zurück, wo er in den folgenden Jahren unermüdlich anthroposophische Vorträge hält bzw. gemeinsam mit Michael Tschechow organisiert. Die Ehe mit Assja war schon vor seiner Abreise in eine Krise geraten, die durch die nachfolgende lange Trennung nur noch verschärft wurde. Um die schmerzliche Lage zu klären, trifft er schließlich Assja 1921 in Berlin, doch das besiegelte nur die endgültige Trennung. Sehr unglücklich verläuft auch die kurze Begegnung Belys mit Rudolf Steiner, worauf er in den nächsten Jahren Steiner sehr kritisch gegenübersteht.

Die quälende Ehekrise und ständige Überarbeitung stürzte Assja Trgenieff 1916/17 in eine schwere gesundheitlich Krise, die ihr eine längere Ruhepause aufzwang. In dieser Zeit widmete sie sich wieder ganz dem Zeichnen und entwickelte gemeinsam mit Rudolf Steiner eine neue Schraffurtechnik, die sogennannte Schrägschraffur, bei der die zeichnerischen Formen nicht durch Umrisslinien, sondern aus dem Wechselspiel von Licht und Finsternis gestaltet werden. Später schrieb Assja Turgenieff über das, was Rudolf Steiner als Ziel dieser Hell-Dunkel-Kunst angestrebt hat:

"... das Licht nicht nur in seinen sinnlich-wahrnehmbaren Wirkungen, so wie es die Gegenstände von außen beleuchtet, wiederzugeben, sondern vor allem das durchscheinende, das von innen aus kraftende Licht ergreifen zu suchen, – die «intensive» Lichtwirkung – wie er sie nannte. Ein Weg dazu ist seine Angabe, das Bild aus einer Schräg-Schraffierung hervorzubringen, die Licht und Schatten – besser gesagt Licht und Schwere – losgelöst vom Gegenständlichen, als formgebende Kräfte in ihrem ureigenen Element zu erfassen vermag; als eine im eminentesten Sinne schöpferische Welt geheimer Naturgesetze. Damit ist auch ein weiter Weg in eine Zukunftsentwicklung der Kunst eröffnet."[1]

Nachdem Rudolf Steiner sie damit beauftragt hatte, die Motive für die Glasfenster des ersten Goetheanums als Glasradierung auszuführen, entwickelte sie nach seinen Angaben eine neuartige Schrägstichtechnik, bei der die Motive dem Glas mit einem Carborundum-Schleifgerät unter beständiger Wasserkühlung einradiert wurden.

Assja Turgenieff bei der Arbeit an den Entwürfen zu den Glasfenstern des ersten Goetheanums.

Nachdem das erste Goetheanum in der Silvesternacht 1922/23 niedergebrannt war, begann Assja Turgenieff die Entwürfe der Glasfenster so umzugestalten, dass sie den ganz anderen Fensterformen des zweiten Goethanums, das nun nicht mehr aus Holz, sondern aus Beton gebaut werden sollte, angepasst werden konnten. Die in den alten dreiteiligen Fenstern nebeneinander stehenden Motive mussten dazu für die hohen, schlanken Fenster des neuen Goetheanums übereinander angeordnet werden. Einzig die Gestaltung des roten Westfensters konnte unverändert übernommen werden.

Ab Mitte der 20-iger Jahre widmete sich Assja Turgienieff vermehrt der Eurythmie.

1934 starb Andrej Belyj in Moskau.

Mit der von ihr und Rudolf Steiner entwickelten Schrägschraffurtechnik illustrierte Assja Turgenieff Märchen, Legenden und Jugendbücher und gestalte insbesonder auch einen Bild-Zyklus zur Parzifalsage. Für die Herausgabe von Steiners Vorträgen beauftragte sie Marie Steiner, die Buchtitel graphisch zu gestalten und Steiners Tafelzeichnungen in die Schraffurtechnik zu übertragen.

Assja Turgenieff fühlte sich dem Baugedanken Rudolf Steiners innig verbunden und verpflichtet. Als sie 1956 die Entwürfe zur Umgestaltung des großen Saals des zweiten Goethanums als sehr ungenügend empfand, trat sie vehement dagegen auf, fand aber keine Resonanz.

Bedingt durch ihre Krankheit lebte Assja Turgenieff im Alter, hingebend von iherer Nichte Mascha Pozzo gepflegt, weitgehend zurückgezogen. Nach langem Leiden starb sie am 16. Oktober 1966 in Arlesheim.

Werke

  • Die Goetheanum Fenster-Motive, Dornach 1935
  • Motive aus den Christgeburtsspielen, Dornach 1937
  • Rudolf Steiner über das Hell-Dunkel, Dornach 1947
  • Was wird mit dem Goetheanum-Bau geschehen?, Basel 1956
  • Was ist mit dem Goetheanumbau geschehen?, Basel 1957
  • Rudolf Steiners Entwürfe für die Glasfenster, Dornach 1961
  • Erinnerungen an Rudolf Steiner und die Arbeit am ersten Goetheanum, Stuttgart 1972

Weblinks

Einzelnachweise

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